Fachklinik Meckenheim

Einrichtung zur medizinischen Rehabilitation drogen-, alkohol- und medikamenten­abhängiger Männer

Grundlagen unserer Behandlung

Unser Menschenbild

Die therapeutische Grundhaltung jedes Mitarbeiters der Fachklinik Meckenheim entspricht dem Ansatz des humanistischen Menschenbildes: Wir gehen davon aus, dass jeder Mensch von Natur aus gutherzig, lebensbejahend, achtsam und konstruktiv ist. Verhaltensweisen, die diesem Grundwesen des Menschen entgegen gerichtet sind wie z. B. destruktive, lebensfeindliche Verhaltensweisen, sind als Folge seiner Erfahrungen und Erlebnisse zumeist in Kindheit und Jugend anzusehen.

Wir gehen weiterhin davon aus, dass der Mensch in seiner Persönlichkeitsentwicklung nicht statisch ist, sondern in sich das Potential trägt, sich frei entfalten und wachsen zu können. Damit liegt es in der Natur des Menschen sich weiter zu entwickeln. Jeder Mensch kann also Verhaltensweisen, die er als hinderlich oder auch schädlich für sich und/oder seine Umwelt erlebt, ändern. Änderungsprozesse bestehen in der Regel aus vielen kleinen Schritten. Ein Schritt in Richtung Änderung kann ein therapeutischer Prozess im Rahmen einer Entwöhnungsbehandlung sein.

Unser Suchtverständnis

Die Entstehung und Aufrechterhaltung von Abhängigkeitserkrankungen ist als ein multifaktorieller Prozess zu betrachten, bei dem biologische, psychische, soziale und gesellschaftliche Faktoren zusammenwirken. Aktuelle neurobiologische Modelle gehen davon aus, dass Abhängigkeit erlernt ist und Mechanismen der klassischen und operanten Konditionierung eine wichtige Rolle spielen. Sie postulieren, dass Abhängigkeit mit anhaltenden Veränderungen der Motivationssysteme im Gehirn einhergeht. Weiterhin ist das sogenannte Suchtgedächtnis bedeutsam: So werden mit Drogeneinnahme verknüpfte Informationen im assoziativen Gedächtnis zu potentiellen Auslösern einer erneuten Drogeneinnahme.

Die genetische Veranlagung für eine Abhängigkeit wird durch eine Vielzahl von Genen beeinflusst. Zur Ausprägung der Erkrankung ist eine Wechselwirkung zwischen genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen erforderlich. Unter den Umwelteinflüssen spielen das Erziehungs- und Bindungsverhalten, Substanzkonsum oder psychische Erkrankungen sowie der sozioökonomische Status der Eltern eine wichtige Rolle. Daraus oder aus anderen Ursachen resultierende emotionale bzw. körperliche Vernachlässigung sowie emotionale, körperliche und/oder sexuelle Gewalterfahrungen können grundlegende Ursachen der Entwicklung einer Abhängigkeit sein.

Sucht und Männlichkeit

Es besteht ein Zusammenhang zwischen der männlichen Rolle in unserer Gesellschaft und der männlichen Identität des Individuums mit männlichen gesundheitsgefährdenden Verhaltensweisen, zu denen auch der Suchtmittelkonsum gehört.

Die männliche Identität wird neben gesellschaftlichen Einflüssen primär durch männliche Bezugspersonen geprägt. Eine Abwesenheit männlicher Bezugspersonen kann zu einer fehlenden Identifikationsmöglichkeit und damit zu Unsicherheiten in der Identitätsbildung führen. Gewalterfahrungen vor allem durch männliche Bezugspersonen können zu einer Internalisierung von Gewalt als Bestandteil der männlichen Identität führen. Gleichzeitig schließen herkömmliche Bilder vom Mannsein die Kombination Mann und Opfer aus. Folgen der Gewalterfahrungen wie Hilflosigkeit, Scham- und Schuldgefühle oder Ängste widersprechen dem tradierten Männerbild von Stärke und Risikobereitschaft, von Konkurrenz und Selbständigkeit.

Eben dieses tradierte Männerbild führt auch dazu, dass Männer weniger über ihre belastenden Erfahrungen, über ihre Probleme sprechen oder sich Hilfe suchen. Der Konsum von Suchtmitteln wird häufig zur Aufrechterhaltung oder zum Ausdruck männlicher Identität genutzt. Im Vergleich zu Frauen ist unter Männern die Rate von Alkohol- und Drogenmissbrauch bzw. -abhängigkeit höher. Männer zeigen härtere Konsummuster in Bezug auf Quantität und Qualität, ihr Konsum ist öffentlicher, unangepasster, risikoreicher und früher. Männer weisen größere psychosoziale Folgeprobleme des Konsums auf, letztendlich sind 85% der Drogentoten männlich.

Neben geschlechtsübergreifenden Behandlungsansätzen ist demnach für die Behandlung suchtmittelabhängiger Männer eine Integration oben genannter Aspekte im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung notwendig.

Unser Behandlungsansatz

Die Fachklinik Meckenheim arbeitet ICD-10 und ICF basiert auf der Grundlage eines verhaltenstherapeutischen Behandlungskonzeptes, in das Elemente aus anderen psychotherapeutischen Richtungen integriert sind.

Klassische psychotherapeutische Therapieansätze in der Behandlung Abhängigkeitserkrankter gehen von einem Stadienmodell der Veränderungsbereitschaft zu einem suchtmittelfreien Leben (Prochaska und DiClementi) aus. Im gesamten Ablauf der Behandlung ist die gezielte Motivationsarbeit zur Förderung einer Krankheitseinsicht und -akzeptanz sowie Veränderungsbereitschaft notwendig. Hierbei hat sich das Motivationskonzept nach Miller und Rollnick als wirksam erwiesen.

Aus dem Stadienmodell wurde eine bestimmte Abfolge von psychotherapeutischen Inhalten und Zielen im Rahmen von Entwöhnungsbehandlungen bei Abhängigkeitserkrankten abgeleitet:

Modellhafte Abfolge therapeutischer Schritte der Psychotherapie Abhängigkeitskranker im Rahmen einer Entwöhnungsbehandlung (nach Stetter)

  • Kognitive Akzeptanz der Suchterkrankung mit dem Ziel, eine Abstinenz von allen Substanzen mit Suchtpotential zu erreichen und einzuhalten
  • Emotionale Akzeptanz der Suchterkrankung: Bearbeitung der Schuld- und Schamgefühle
  • Erkennen und Bearbeiten der Funktionalität des Suchtmittels
  • Bearbeiten der hierbei deutlich gewordenen Konflikte, Selbstwert- und Selbstregulationsprobleme
  • Aufbau alternativer Erlebens- und Verhaltensweisen und interpersoneller Fähigkeiten

In Anbetracht der Tatsache, dass Substanzmissbrauch und -abhängigkeit zu den häufigsten Folgen traumatischer Erfahrungen im Kindes- und Jugendalter zählen und häufig mit anderen psychischen Folgen (z. B. Schwierigkeiten in der Identitätsbildung, in der Emotionalität und der Beziehungsgestaltung) oder Symptomen (z. B. Symptome affektiver, schizophrener Erkrankungen) vergesellschaftet sind, wird eine Erweiterung dieser Behandlungsansätze notwendig.

Hierbei werden trauma- und suchtspezifische Interventionen in die Behandlung integriert. Psychoedukation zu den Zusammenhängen zwischen Sucht und Traumafolgen sind ein wichtiger Bestandteil der Behandlung durch den Arzt.

Unsere Aufgabe in der stationären Behandlung Abhängigkeitserkrankter sehen wir darin, den Rehabilitanden unter der Voraussetzung der Abstinenz während der Behandlung bei der Überwindung seiner Abhängigkeit zu unterstützen. Die Bearbeitung der Abhängigkeitserkrankung, ihrer auslösenden Faktoren und ihrer psychosozialen und somatischen Folgen muss demzufolge im Behandlungsprozess einen breiten Raum einnehmen. Da die Entstehung der Abhängigkeit multifaktoriell bedingt sowie individuell unterschiedlich ist und von der Entwicklung weiterer psychischer Symptome oder Erkrankungen nicht zu trennen ist und da die Auswirkungen der Abhängigkeitserkrankung vielschichtig sind, behandeln wir unsere Rehabilitanden individualisiert und multimodal. Im Zusammenspiel von medizinischer Behandlung, Einzel- und Gruppenpsychotherapie, Arbeits- und Ergotherapie, Kreativtherapie, Sporttherapie und Sozialarbeit werden die Rehabilitanden in ein alkohol- und drogenfreies Leben begleitet.

Im Rahmen der Einzel- und Gruppenpsychotherapie werden Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie aber auch der Methoden der „dritten Welle“, der Verhaltenstherapie, eingesetzt. Weiterhin werden bei Rehabilitanden, bei denen die Abhängigkeit als eine traumakompensatorische Symptomatik aufzufassen ist, traumatherapeutische Interventionen in die Behandlung integriert.

Durch die Förderung von Selbstverantwortung, Selbstmanagement, Verhaltensveränderungen und Kreativität werden folgende Punkte angeregt und ermöglicht:

  • Persönlichkeitsentwicklung in ein abstinentes, zufriedenes Leben
  • Verbesserung der emotionalen, sozialen und lebenspraktischen Kompetenzen
  • Entwicklung von Bewältigungsstrategien für Krisensituationen
  • Verbesserung der psychischen und körperlichen Leistungsfähigkeit
  • Erhalt, Besserung bzw. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
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