Fachklinik Meckenheim

Einrichtung zur medizinischen Rehabilitation drogen-, alkohol- und medikamenten­abhängiger Männer

Traumafolgestörungen / PTBS

Die Biografien von suchtmittelabhängigen Menschen sind häufig gekennzeichnet von Vernachlässigung oder/und Gewalterfahrungen in Kindheit und Jugend. Auch wenn diese Erlebnisse alle als Traumatisierungen aufzufassen sind, weist nur ein geringer Teil dieser Menschen die Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf.

Im Vordergrund stehen vielmehr erhebliche Schwierigkeiten –

Um diesen Folgen langanhaltender Traumatisierungen im Kindes- und Jugendalter gerecht zu werden, gibt es neue Konzepte für Traumafolgestörungen. So wird die Diagnose der Komplexen posttraumatischen Belastungsstörung voraussichtlich in die ICD-11 aufgenommen.

Die Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) legte 2011 eine erweiterte Klassifikation für Traumafolgestörungen vor. Entsprechend dieser Einteilung ist bei chronisch traumatisierten Menschen die Abhängigkeit als eine traumakompensatorische Symptomatik aufzufassen, also ist die Abhängigkeit als eine Verhaltensweise zu begreifen, mit den (un-)mittelbaren Auswirkungen der Traumatisierung zurecht zu kommen. Die diagnostische Nähe der Traumafolgestörungen zu den Persönlichkeitsstörungen ist auffällig und gleichzeitig nicht verwunderlich, wirken chronische Traumatisierungen doch persönlichkeitsprägend. Der Zusammenhang zwischen sexuellem Missbrauch und der Entwicklung einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung ist mehrfach beschrieben (Sosic-Vasic et al. 2015, Sack et al. 2013).

Der Zusammenhang zwischen Traumatisierung und Suchtmittelkonsum wird häufig im Sinne der Selbstmedikationshypothese verstanden: Alkohol- und Drogenkonsum beginnt demnach als Versuch schmerzvolle und schwer erträgliche emotionale Zustände zu lindern und mit den physischen bzw. psychischen Folgen der Traumatisierung umgehen zu können (Sack et al. 2013).

Neben bzw. aufgrund der komplexen psychischen Symptomatik mit erheblichen Schwierigkeiten in der Identitätsbildung, der Emotionalität, der Beziehungsgestaltung und der Aufmerksamkeit bestehen bei diesen Menschen in der Regel Defizite in vielen alltagspraktischen Fähigkeiten bzw. Kenntnissen wie Tagesstrukturierung, Haushaltsführung, gesunde Ernährung, Gesundheitsfürsorge sowie Defizite in Grundarbeitsfähigkeiten wie Pünktlichkeit, Motivation, Teamfähigkeit oder Umgang mit Autoritäten.

Im Sinne der sekundären psychosozialen Folgen weisen diese Menschen in der Regel kein intaktes, stabiles, drogenfreies soziales Umfeld, selten eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung bzw. berufliche Erfahrungen oder Qualifikationen auf. Drogenassoziierte delinquente Verhaltensweisen und/oder unkontrollierte Impulsivität bzw. Aggressivität können zu juristischen Problemen bis hin zu längeren Inhaftierungen führen.

Entsprechend der komplexen Problematik und Symptomatik halten wir für Rehabilitanden, deren Abhängigkeit als Symptomatik einer (Komplexen) Traumafolgestörung einzuordnen ist bzw. bei denen eine PTBS vorliegt, ein spezifisches Therapieangebot vor:

Eine wichtige Grundlage der psychotherapeutischen Arbeit ist der Aufbau und der Erhalt einer achtsamen therapeutischen Beziehung unter Berücksichtigung der genannten Schwierigkeiten in der Beziehungsgestaltung als Voraussetzung für einen Veränderungsprozess. Weiterhin werden Behandlungsmethoden und Behandlungstechniken auf die individuellen Behandlungsbedürfnisse der Rehabilitanden ausgerichtet.

Die Förderung des Gegenwartbezugs strebt eine Verankerung im gegenwärtigen Erleben und die Fähigkeit zur Distanzierung und Selbstbeobachtung von belastenden Erinnerungen an. Achtsamkeit kann Gelassenheit und Akzeptanz, Mentalisierung eine Distanzierung gegenüber ablaufenden psychischen Prozessen bewirken. Dabei werden bestehende Ressourcen herausgearbeitet und gestärkt. Im Sinne der Vermittlung eines Krankheitsverständnisses und der Psychoedukation werden die individuellen Zusammenhänge zwischen Traumatisierung und Abhängigkeit und anderen Psychopathologien erarbeitet. Weiterhin spielt die Schulung der Wahrnehmung eigener Emotionen sowie das Erlernen des Umgangs mit und des Ausdrucks von eigenen Emotionen eine wichtige Rolle.

Darüber hinaus werden individuelle Therapieziele vereinbart wie z. B.:

  • Verbesserung von Selbstakzeptanz und Selbstwertgefühl
  • Aufbau selbstfürsorglicher Verhaltensweisen
  • Reduktion selbstschädigender Verhaltensweisen
  • Förderung des Einfühlungsvermögens
  • Förderung von Alltagsressourcen
  • Vermittlung von Strategien zum Umgang mit Konflikten und Krisensituationen

Im Rahmen der psychotherapeutischen Einzelbehandlung spielt die Bearbeitung traumaassoziierter Emotionen und dysfunktionaler Kognitionen eine wichtige Rolle. Traumakonfrontative Behandlungsmethoden werden in der Regel nicht durchgeführt.

Ergänzt wird die Einzelpsychotherapie durch ein indikatives Gruppenangebot, welches nach dem Therapieprogramm „Sicherheit finden“ von Lisa Najavits (2009) arbeitet. „Sicherheit finden“ ist ein kognitiv-behaviorales Therapieprogramm für Personen mit substanzbezogenen Störungen, die an den Folgen traumatischer Erfahrungen leiden. Es handelt sich um ein integratives Therapieverfahren, das sowohl Suchtproblematik als auch Traumafolgen, sowie Wechselwirkungen zwischen beiden Bereichen behandelt, um so einen bestmöglichen Behandlungserfolg erzielen zu können.

In Bezug auf die genannten sekundären psychosozialen Folgen werden bedarfsorientiert Maßnahmen der Arbeits- und Ergotherapie sowie der Sozialarbeit eingesetzt. Sporttherapie vermittelt das Erkennen und Akzeptieren körperlicher Grenzen, trainiert soziale Interaktion und wird als Möglichkeit zum Ausdruck aufgestauter Emotionalität, zum Abbau von Anspannung und Frustration vermittelt.

Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Planung von Nachfolgemaßnahmen dar, wie zum Beispiel die Vermittlung in eine ambulante Traumatherapie oder in traumaspezifische Selbsthilfegruppen.

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